Rezensionen - Warum gerade ich...?

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Karin Dzionara, Redaktionsleiterin Feuilleton Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ), Hannover
In: Hannoversche Allgemeine Zeitung: Hannover/Stadtfeuilleton, 18. Mai 1984


… Die Untersuchung der Schwierigkeiten bei der pädagogisch-religiösen Begleitung von Menschen in Krisen, u.a. sogenannten 'Behinderten’ bildet den wissenschaftlichen Schwerpunkt ...

Rezension: Der Weg zum Verstehen - Literaturpreis für Erika Schuchardt

Der Deutsche Verband Evangelischer Büchereien (DVEB) vergibt seit fünf
Jahren einen Literaturpreis. In diesem Jahr wird damit ein Sachbuch ausgezeichnet: Erika Schuchardt, 43jährige Erziehungswissenschaftlerin an der Universität Hannover, wurde für ihre Untersuchung "Warum gerade ich …? Behinderung und Glaube" geehrt. Leser in evangelischen Büchereien haben hier nach besonderen Kriterien wie zum Beispiel der Lesbarkeit, der christlich interpretierbaren Aussage und dem wissenschaftlich bibliographischen Anhang dieses Buch unter 40 Titelvorschlägen ausgewählt.

260 Autobiographien von Behinderten und deren Begleitern, darunter beispielsweise auch die der Nobelpreisträgerin Pearl S. Buck, hat die Autorin analysiert, um aus den Lebensgeschichten Zugang zum Verstehen und damit zu einem angemessenen Miteinander zu eröffnen. Eine zentrale Frage ist dabei die nach der Rolle des Glaubens bei allen Betroffenen.

Schon seit Beginn ihrer kirchlichen Arbeit (seit 1972 ist Erika Schuchardt Synodale der evangelischen Kirche) hat sich die Autorin im Übrigen mit Randgruppen in der Gesellschaft beschäftigt. Die positive Resonanz der Betroffenen auf ihr erstes Buch "Soziale Integration Behinderter“ (1980) und die zahlreichen ihr zugeschickten Biographien gaben den Anlass für diese neue Analyse.

Die Kirche, so geht es aus den Lebensberichten hervor, bIeibt oft bei der programmatischen, rein institutionalisierten Hilfe stehen und stößt durch die eigene Hilflosigkeit die Betroffenen zurück. Die Untersuchung der Schwierigkeiten bei der pädagogisch-religiösen Begleitung von Menschen in Krisen, u.a. sogenannten ,Behinderten', bildet den wissenschaftlichen Schwerpunkt. An Hand eines Krisenmodells stellt die Autorin die einzelnen Phasen dar; die der Betroffene durchstehen muss, um am Ende das Ziel der sozialen Integration zu erreichen.

Die positiven Stimmen, die dieses Buch als "Ersatz-Gesprächspartner" hervorgerufen hat, haben die Autorin ermuntert, ein weiteres Projekt in Angriff zu nehmen. Ihr neues Buch "Jede Krise ist ein neuer Anfang" erscheint demnächst. Die Preisverleihung für das prämiierte Buch wird am 6. Juni in Bethel bei Bielefeld stattfinden.